Die Zeugen im Zivilprozess

Die Rolle von Zeugen im zivilrechtlichen Klageverfahren wird von vielen juristischen Laien unzutreffend bewertet. So werden wir in der täglichen Praxis von Seiten unserer Mandanten beispielsweise mit der Annahme konfrontiert, dass Ehepartner oder nahe Verwandte nicht als Zeugen in Betracht kommen. Ebenso wird bisweilen angenommen, dass Mitarbeiter eines Unternehmens, welches Partei in einem Klageverfahren ist, keine Zeugen sein können.

Auch wird vielfach fälschlicherweise davon ausgegangen, dass es im Rechtsstreit benannten Zeugen freisteht, bei Gericht zu erscheinen und daher auch die Gefahr besteht, dass eine Aussage überhaupt nicht erfolgt.

Wir wollen die Rolle der Zeugen im Zivilprozess daher einmal kurz umreißen:

Zeuge kann grundsätzlich jede natürliche Person (grundsätzlich auch Minderjährige) sein, die zu Behauptungen im Rechtsstreit möglicherweise etwas aussagen kann.

Im Zivilprozess müssen Zeugen durch die Partei, die sich davon einen Vorteil verspricht, allerdings ausdrücklich mit Name und ladungsfähiger Anschrift benannt werden.

Voraussetzung dafür, dass das Gericht die Zeugin oder den Zeugen dann auch lädt und anhört, ist weiter, dass der Zeuge für eine Tatsachenbehauptung benannt wird, die von der Gegenseite bestritten ist und auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt.

Grundsätzlich sind auch Ehepartner, Eltern, Kinder oder sonstige nahe Verwandte zulässige Zeugen im Zivilprozess. Das gleiche gilt für Mitarbeiter eines Unternehmens, wenn das Unternehmen Kläger oder Beklagter eines Prozesses ist.

Allerdings kann und wird das Gericht im Rahmen der sogenannten Beweiswürdigung besonders berücksichtigen, wie nahe der Zeuge der jeweiligen Partei des Rechtsstreits steht und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass möglicherweise eine „Gefälligkeitsaussage“ erfolgt.

So ist beispielsweise im Schadensersatzprozess nach einem Verkehrsunfall die Ehefrau als Beifahrerin eine weniger „wertvolle“ Zeugin als ein Fußgänger, der mit den Parteien des Rechtsstreits nichts zu tun hat und den Unfall vom Straßenrand aus beobachtet hat. Dennoch kann das Gericht in diesem Beispiel die Aussage der Ehefrau nicht einfach „unter den Tisch fallen lassen“ - jedenfalls nicht ohne besondere Anhaltspunkte.

Zu beachten ist, dass auch nahe Verwandte zwar grundsätzlich Zeugen sein können, ihnen aber ein Aussageverweigerungsrecht zusteht. Die z.B. als Zeugin zu vernehmende Ehefrau wird durch die Richterin oder Richter entsprechend belehrt und kann dann entscheiden, ob sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen will.

Sonstige Zeugen, denen ein Aussageverweigerungsrecht nicht zusteht, sind verpflichtet, vor Gericht zu erscheinen und auch auszusagen. Dies gilt selbst dann, wenn die Zeugen selbst glauben, zum Sachverhalt überhaupt nichts beitragen zu können.
Auf diese Art und Weise kann eine Partei eines Rechtsstreits also auch Zeugen, die sich eigentlich am liebsten aus allem heraushalten würden, dazu zwingen, eine Aussage zu machen.

Erscheint ein geladener Zeuge ohne ausreichende Entschuldigung nicht, kann ein Ordnungsgeld gegen ihn verhängt werden.

 
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